Page 89 - MOHR Stadtillu - Ausgabe 247 (Juni 2024)
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REPORT
Reparateur Frank Eisenwiener hat es geschafft: Der 41-jährige Plattenspieler wird noch ein gutes Stück zusätzliche Zeit seinen Besitzer erfreuen.
Simon Kuchenreuther, im Beruf Diplom-Ingenieur bei den Neustadter Stadtwerken, hat einen Toaster innerhalb kurzer Zeit wieder in Gang gebracht. Die Fehlfunktion lag an einer kleinen Feder.
können, um die für Reparaturen einsetzen zu können.
Thema Obsoleszenz
Unter dem Begriff „Obsoleszenz“ versteht man die in seiner Herstellungsweise, seinen Materialien oder Ähnlichem angelegte Alte- rung eines Produkts, das dadurch veraltet oder unbrauchbar wird. Dazu erklärt Frank Ei- senwiener: „Wir stellen im Repaircafé fest, dass Geräteteile so konstruiert sind, dass sie kaputtgehen müssen. So befinden sich Teile beispielsweise in der Nähe von Wärmequel- len, wofür sie nicht ausgelegt sind. Auch die Qualität der Bauteile lässt zu wünschen üb-
rig, sie funktionieren oft nur für die Zeit der Gewährleistung und fallen dann aus. Wir schauen, dass wir dann höherwertiges Repa- raturmaterial einsetzen, so dass nicht wieder nach einem halben Jahr der Reparaturfall er- neut eintritt. Eisenwiener begrüßt in diesem Zusammenhang die Verlautbarungen, die es von Seiten der EU unlängst zu diesem Thema gegeben hat: „Das Recht auf Reparatur, das propagiert wird, dass Ersatzteile von der In- dustrie länger vorgehalten werden und dass Geräte leichter zu öffnen sein müssen, halte ich für sehr positiv. Auch dass es Bestrebun- gen geben soll, Reparaturanleitungen zur Verfügung zu stellen, finde ich gut!“
Erfolgreiche Reparatur
Inzwischen ist es ihm gelungen, den Fehler beim Plattenspieler zu finden. Ein Lager war verharzt und konnte nach einer gründlichen Säuberung und neuer Schmierung wieder seine Funktion ausüben. Dankbar nahm sein Besitzer das Gerät wieder in Empfang.
Was den Kauf von Neugeräten betrifft, gibt Eisenwiener einen guten Rat: „Vielleicht nicht immer das Billigste nehmen! Es ist na- türlich verlockend, einen Fernseher für 150 Euro zu kaufen, aber dann ist es umso schwe- rer, eine Reparatur daran vorzunehmen. Je teurer ein Gerät ist, desto langlebiger ist es in der Regel und desto leichter lässt es sich re- parieren.“
Hilfe zur Selbsthilfe
Wichtig ist es dem Reparateur, den besonde- ren Ansatz des Repaircafés zu vermitteln: „Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Wir stehen mit Rat und Tat zur Seite, aber man muss durchaus einmal damit rechnen, einen Schraubendreher in die Hand zu be-
kommen, damit man selbst Hand anlegen kann. Das Ganze ist allerdings mit den richti- gen Hinweisen, auch was die Sicherheit be- trifft, verknüpft.“
Textilien wertschätzen
Edeltraut Freigang ist zusammen mit Bettina Lichtlein für die Textilreparaturen im Maker- space zuständig. Auch sie hat eine ganz ei- gene Ansicht zu dem Verbrauchsverhalten in unserer Gesellschaft: „Wir leben in so einer Überkonsumgesellschaft. Wir schmeißen grundsätzlich viel zu viel weg. Ich muss ei- nen Anorak nicht aussondern, weil der Reiß- verschluss kaputt ist. Ich muss kein T-Shirt wegwerfen, weil es ein Loch hat. Ich kann vielleicht lernen, aus zwei T-Shirts ein Neues zu machen, indem ich Nähen lerne. Solche Kurse bieten wir hier auch an. Ich muss ler- nen, dass ein Stoff ein Wertstoff ist, den je- mand einmal gekauft und den jemand mal hergestellt hat. Niemand würde einen Geld- schein wegschmeißen oder in die Toilette spülen, aber mit Textilien tun wir das.“
Wird es gelingen, ein defektes sieben Jahre altes Gerät mit einem Neupreis von 7000 Euro wieder in Gang zu bringen? Reparateur Julian Hausschild (von links) animiert Besitzer Manfred Wolkow zur Selbsthilfe.
Die Alte Kühlhalle beherbergt den Makerspace, in dem einmal im Monat das Repaircafé abgehalten wird.
Ausgabe 247 89