Die Coburger Innenstadt kann sich über den Zuwachs eines ganz besonderen Ladenkonzeptes freuen. In ihren mehr als spektakulären Verkaufsräumen bieten Alexander Mohr und Nicole Sippel Raritäten und besondere Produkte aus der Region an.

Rund drei Jahre waren die Schaufesnter-Scheiben des Geschäftes mit Folie abgeklebt, als vorher ein Jeans-Geschäft die Pforten in der Ketschengasse 9 schloß. Erst kürzlich wurden die Scheiben für die Neueröffnung befreit und der Vorhang konnte für die gorße Eröffnung des Ladens fallen. Entstanden ist ein außergewöhnliches Ladengeschäft das in Coburg und Umgebung seines Gleichen sucht. Mittelpunkt und größter Eyecatcher sind zweifelsfrei  die großen, deckenhohen  Verkaufstheken einer alten Apotheke. Als Alexander Mohr die zahlreichen Schränke im Internet vor Jahren entdeckte, konnte er nicht wiederstehen und kaufte die antiken Möbel die in einem sehr schlechten Zustand waren, um sie eines Tages zu restaurieren aber erst einmal einzulagern. Antike Kostbarkeiten zu sammeln und zu restaurieren waren schon immer ein Hobby des Chemikers, dass eines Tages einmal ein Ladengeschäft daraus entstehen sollte, daran war allerdings nicht zu denken.

Seit vielen Jahren wohnt Alexander Mohr mit seiner Lebensgefährtin Nicole Sippel in einer der Mietwohnungen in der Ketschengasse 9. An das Treiben der beiden Geschäfte, zum einen Jeans und zum anderen Schokolade hat sich Alexander damals bereits gewöhnt. Der Draht zum Vermieter Peter Thumeyer ist herzlich und fast freundschaftlich. In einem Gespräch läßt der Hauseigentümer durchblicken, dass das Jeansgeschäft endgültig geschloßen hat und noch kein Nachmieter feststeht. "Die Tür zum ehemaligen Lager stand ein wenig auf. Unter dem Teppichboden blitzten ein klein wenig die Fliesen des Fussbodens durch" erinnert sich der  42- jährige. Sofort war der Instinkt für Dinge aus längst vergangenen Zeiten geweckt. Kurzerhand wurde der Teppich ein wenig gelockert und zum Vorschein kamen die alten Fliesen die dort schon seit Anfang des 20.ten Jahrhunderts liegen. Hinter einem Stück Tapete blitzte die Fliesenbodüre hervor, die sich noch in einem guten Zustand zu befinden schien. Erstmals war hinter einigen leeren Kartons der alte Backofen von 1903 zu sehen. Alexander Mohr traute seinen Augen nicht was er da sah. Im Prinzip wurde ihm jetzt klar das sich die Beiden in den Räumen einer alten Bäckerei im Jugendstil befanden.
Bis Ende der 70 er Jahre gab es hier noch Backwaren zu kaufen. An die Backstube selbst hat der Vermieter selbst nur Kindheitserinnerungen. Der Gedanke um die schöne Backstube lassen Alexander Mohr nicht so recht in Ruhe. Immer wieder fragt er nach, was mit den Räumlichkeiten denn künftig geschehe. So langsam reift der Gedanke man könnte aus dem Laden doch ein Geschäft machen , indem auch die Apothekenschränke Platz finden. Mit solchen Gedankengängen hatte Alexander Mohr in Form seiner Freundin Nicole Sippel sofort einen profunden Mitstreiter gefunden, die als Tochter eines Restaurators seit Kindheitstagen mit genau solchen Gegenständen umgeben ist.

Mit dem Vermieter kann man für die Renovierung anfangs eine Vereinbarung treffen. Doch das die Renovierung einmal drei Jahre in Anspruch nimmt, damit war nicht zu rechnen. Noch viel weniger war damit zu rechnen das bei der Freilegung von Tapeten und Teppichboden eine komplette Backstube aus vergangenen Tagen hervortritt.  Der Coburger Bäckermeister und Bierbrauer Martin Schuster hatte im Erdgeschoss 1870 eine Bäckerei eingerichtet (Der 1.Backofen war vorne, der 2., jetzige, entstand 1903 im hinteren Bereich).

Auf den riesigen Backofen und die historische Backstube sind längst das Landesamt für Denkmalpflege und die Gemeinschaft Stadtbild Coburg aufmerksam geworden. Auf Alexander Mohrs Betreiben hin wurden die historischen Räume im Mai 2018 unter Denkmalschutz gestellt, und Stadtbild Coburg unterstützt gemeinsam mit dem Coburger Unternehmer Michael Stoschek die aufwendige Restaurierung des Ofens.

Auch in den beiden Verkaufsräumen erlebte man wahre Wunder. Nach Entfernung des Bodenbelages der 70er Jahre kam auch hier die wunderschön gefliesten Jugendstilböden zum Vorschein. "Nur einige wenige Fliesen waren beschädigt, aber im Keller konnten wir wie durch ein Wunder einen Jute-Sack mit Ersatzfliesen finden. Auch die ursprünglichen Türen waren auf dem Dachboden unversehrt eingelagert", berichtet Alexander Mohr. Auch die abgehängte Decke wurde entfernt. Bis man darauf kam, dass sich unter dieser Deckenkonstruktion nochmals eine Decke befindet. So verfügen die Räume plötzlich über eine Deckenhöhe von über 3,20 Meter, was vorher so niemand gedacht hätte.  

"Bei den wochenlangen Abrucharbeiten haben wir plötzlich zudem ein Renaissance-Wandgemälde über dem Schaufenster zur Ketschengasse freigelegt", erzählt Nicole Sippel. Im Original war leider nur noch ein Teil erhalten, ein Theatermaler rekonstruierte die Malerei über die gesamte Breite des Schaufensters.

 Nach drei Jahren der schweißtreibenden Renovierung ja fast Freilegung war es Anfang November endlich soweit. Die Räume konnten voller Stolz zusammen mit den Möbeln und den Waren der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Die einstige Backstube soll 2019 zugänglich gemacht werden, verspricht Alexander Mohr. Das sei vom Landesamt für Denkmalpflege auch gewünscht, weil es die Restaurierung auch fördere. Alexander Mohr kann sich gut vorstellen, den großen Raum später für Vorträge, Workshops oder Tastings zu nutzen. Auch in die offiziellen Stadtführungen könnte man die Backstube integrieren. Und selbst von draußen, von der Neugasse aus (bis hierhin reicht das Rückgebäude), wird man den Ofen 2019 bewundern können, wenn die denkmalgeschützten Fenster von 1850 wieder eingesetzt sind.

Neben Schmuckunikaten von Nicole Sippel, Sonderbränden- u. Spirituosen, Senf, Honig und Bienenwachs aus der Region, Antiquitäten und anderen schönen Dingen werden Produkte von "wohltuer" verkauft. "Es gibt hier alles, was selten und fein ist", beschreibt Alexander Mohr stolz das Ladenkonzept. "Gerade was Kräuter oder Schnäpse angeht, wollen wir möglichst regional bleiben", sagt Nicole Sippel. Wer Antikes wie eine Wärmflasche oder ein Essigfläschchen sucht, wird hier ebenfalls fündig. Besonders auffällig ist eine große National-Registrierkasse  mit Handkurbel und Rollenhalter für die Papierbelegausgabe, die original erhalten und komplett überholt auf einer Palette zum Verkauf steht. "Leider war dieses Modell zu groß für unseren Tresen. Hier hat jetzt eine kleinere Ausführung Platz gefunden", schmunzelt Alexander Mohr.

Wer Nicole und Alexander persönlich kennt, weiß, mit wie viel Hingabe und Liebe sie ihrer Leidenschaft nachgehen, dem Sammeln von Antiquitäten und erstellen von handwerklichen Unikatern.  »Uns haben schon immer Dinge mit Seele fasziniert, denn jedes alte Stück erzählt seine eigene Geschichte. Wir sammeln schöne und alte Stücke seit Jahren und haben uns mit der Eröffnung unseres eigenen Ladens einen Traum erfüllt«, sagt Nicole Sippel.

Sprechzeiten:
Di. und Do. 14:00 - 19:00 Uhr
Fr. 10:00 - 13:00 und 14:00 - 19:00 Uhr
Sa. 10:00 - 15:00 Uhr

Raritäten Mohr -
Rares und Feines für alle Sinne
Ketschengasse 9 • 96450 Coburg