Wer sich mit dem Schießsport beschäftigt, dem wird die SG Coburg höchstwahrscheinlich ein Begriff sein. Heute widmen wir uns einer von vielen mannschaften der Schützengesellschaft, dem „Team Co“ rund um Team-Manager Reinhard Mohr und einem seiner bekanntesten Schützen Maximilian Dallinger.
Die SG Coburg ist in Sachen Teams genauso bereit gefächert wie in den 12 Disziplinen bei denen sie antreten. So gibt es beispielsweise die Disziplin Luftpistole, Kleinkalibergewehr, Ordonanzgewehr oder das heute themengebende Luftgewehr. Auf der Anlage hinter dem Alten Schützenhaus Coburg / Restaurant Mediterran gibt es drei verschiedene Schießstände. Diese reichen von 10 Metern bis zu 100 Metern Entfernung aus. Reinhard Mohr hat uns eine kleine Führung gegeben und erklärt, auf was es alles beim Luftgewehr zu achten gibt. Es ist definitiv einfacher gesagt als getan: Der Schütze setzt das Gewehr an, drückt es leicht unter die Schulter gegen sich, atmet tief ein und Schuss, Treffer versenkt.
Das Schießen auf die Schießscheibe erfordert höchste Konzentration, da der 10-Punkt-Ring mit dem Bull's Eye beim Dart zu vergleichen, lediglich 0,5 Millimeter groß ist und sich die Entfernung zum Ziel auf besagte 10 Meter beläuft. Bei einem Selbsttest sind wir kläglich daran gescheitert die Zielscheibe zu treffen. Wer sich selbst davon ein Bild machen will wie klein das Ziel ist, der darf das Magazin mal in 10 Meter Entfernung aufstellen und schauen wie klein der Punkt in der Mitte ist.
Aber nun zurück zum Team Co. In der vergangenen Saison erreichte das Team Co das Bundesliga-Finale der besten vier Mannschaften aus den beiden Bundesliga-Gruppen (Nord und Süd) in Neu-Ulm. Trotz einer beeindruckenden Leistung schied das Team im Stechen gegen den späteren deutschen Meister aus Kevelaer unglücklich aus. Somit stand das Team nur einen Schuss vom Meistertitel entfernt.
Dieses Ereignis diente als Ansporn und Motivation für die laufende Saison. Neben ihren Meistertiteln in der Aufstiegssaison 2008 und dem Jahr darauf sind sie zuletzt 2015 Meister geworden. Auch in dieser Saison will das „Team Co“ wieder angreifen. Aktuell steht es gut um die Mannschaft von Reinhard Mohr. Seine Mannschaft befindet sich momentan auf dem 4. Platz in der Tabelle. Nach den Vorkämpfen in den Gruppen Nord und Süd qualifizieren sich die vier besten Teams jeder Gruppe für das Finale. Das Finale wird anschließend im K.O.-System ausgetragen, wobei die Teams den Meistertitel kämpfen, der sie auch zum Meister der 1. Bundesliga macht.
Anders als in typischen Sportarten wie Fußball oder Handball, wird nicht gemeinsam im Team trainiert. Die Wettkämpfe unterscheiden sich stark von Mannschaftssportarten, da die Athleten individuell in ihren Disziplinen trainieren, aber als Team antreten. Jeder Sportler trägt einzeln dazu bei, Punkte für sein Team zu sammeln und den Sieg für seine Mannschaft nach Hause zu fahren.
Die Organisation der Luftgewehr Bundesliga ist nicht immer einfach, wie sich die Paarung gegen SV Germania Prittlbach am vorletzten Wettkampfwochenende gezeigt hat. Die Schützen kommen aus den unterschiedlichsten Ortschaften zur Wettkampfstätte, dementsprechend variiert der Anfahrtsweg jedes Schützen enorm. Trotzdem des teilweise herrschenden Unwetters haben sie es als Team noch rechtzeitig geschafft alle pünktlich zusammenzutrommeln und den Sieg heimzufahren.
Für den 65 Jahre alten Team-Manager und zweiten Schützenmeister Reinhard Mohr ist die Organisation eine Herzenssache. Seit 1974 ist er dem Sport verfallen und steckt vermehrt seit seiner Rente die jeweilige Kraft in den Verein. Für ihn und auch viele andere ist der Verein nicht nur Anlaufstelle zum wöchentlichen Üben, es ist ein essenzieller Treffpunkt das gemeinsame Hobby auszuüben und in Gesellschaft zu sein. Auf die Frage, wie schwer der Sport auch für Profis sei, antwortet Reinhard Mohr mit einem Lächeln und sagt: „Wenn schießen einfach wäre, würde es Fußball heißen“. Jetzt wissen wir also Bescheid und nehmen diese Erkenntnis mit Humor auf.
Wer sich nun angesprochen fühlt, sich diese Sportart einmal näher anzuschauen, ist jederzeit herzlich zu einem Probetraining eingeladen. Bei Interesse kann man sich gerne bei Reinhard Mohr melden. Die Trainingszeiten sind mittwochs von 17 bis 22 Uhr, samstags von 12 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 12 Uhr. Anfragen sind unter der Telefonnummer 0171 6047959 oder per E-Mail an
Kommen wir nun zu unserem Interviewpartner Maximilian Dallinger. Er arbeitet derzeit als Polizeibeamter bei der Bayerischen Polizei. Seit 2007 ist auch er dem Luftgewehrsport verfallen. Einer seiner bisher größten Erfolge ist der Gewinn der Weltmeisterschaft 2018 im Kleinkaliber-liegend. Doch an aufhören denkt der 27 jährige noch lange nicht. So will er mindestens eine Medaille bei der WM und den Olympischen Spielen gewinnen. Außerdem möchte er sich mit der SG Coburg seinen Traum vom Bundesliga-Meistertitel erfüllen.
Wir haben ihn zu einem kurzen Interview getroffen, bei dem er uns Rede und Antwort stand.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst im Endspurt der Saison mit uns ein Interview zu führen. Lass uns anfangen: Wie bist du zum Schießsport gekommen und was fasziniert dich daran?
Ich bin mit 12 Jahren über meine damaligen Nachbarskinder zum Schießabend mitgenommen worden und nach wenigen Jahren wurde das schlichtweg erfolgreicher und hat nach uns nach den Fußball abgelöst, mit dem ich deutlich früher begonnen hatte.
Die Faszination besteht für mich darin, dass der Sport durch Widersprüchlichkeiten geprägt ist. Je mehr du es willst und versuchst zu erzwingen, umso weniger wird es funktionieren. Genauso denken viele, dass es um absolute Ruhe, um Ruhepuls um die 60 Schläge und um eine Art meditationsartige, monotone Sportart geht, die noch dazu kaum körperliche Ansprüche stellt. Ehrlich gesagt wäre das ein Traum ;D. Doch die Realität sieht so auch, dass von dir verlangt wird, unter mentaler Anspannung und Wettkampfdruck bei ca. 140er Puls, jeden Muskel im Körper so zu kontrollieren, dass spontane Kontraktionen oder Tremor minimiert werden und man dabei den Kopf möglichst nah am Belastungslimit hält. Mit Belastungslimit ist der Punkt gemeint, an dem das Gehirn am leistungsfähigsten ist, also IN der Stressituation. Ein schmaler Grad, denn zu viel Ent- oder Anspannung machen den Körper zu träge oder zu aggressiv im Auslösen des Abzugs. Dieses Gefühl ist absolut unangenehm und dennoch der beste Zustand für Leistung.
Was sind deine Ziele für die Zukunft, sowohl sportlich als auch persönlich? Kannst du uns von deinem bisherigen Karrierehighlight erzählen?
Klarer Fokus liegt aktuell auf den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Auf dem Weg dorthin liegen noch ein paar Zwischenstationen, wie EM, Weltcups und spezielle Tourniere, um weitere Startplätze für Deutschland zu gewinnen und sich am Ende dafür zu qualifizieren.
Persönliche Ziele hat man natürlich viele und diese sind auch irgendwie immer auf ihre Art mit dem Sport verbunden. Ganz besonders würde ich mich natürlich freuen, wenn ich als Athlet wiederum junge Sportler begeistern kann, ebenso wie das meine Vorbilder und ehemaligen Teamkameraden in meinen jungen Jahren getan haben.
Karrierehighlight finde ich tatsächlich sehr schwer zu formulieren, denn davon gibt es sehr viel und alle sind einzigartig und eigentlich nicht zu vergleichen. Ich genieße aktuell sehr, dass wir in der Nationalmannschaft zu einer kleinen, sehr engen Gruppe zusammengewachsen sind. Das ist im Sport nicht selbstverständlich, da beim Wettkampfstart jeder Konkurrent ist.
Maximilian, wie schaffst du es eigentlich Arbeit und Sport unter einen Hut zu bringen? In wie weit kannst du da auf die Unterstützung der Polizei zählen?
Die Polizei unterstützt nicht nur, sie ist sogar ausschlaggebend für die erfolgreich Kombination von Sport und Beruf. Die eigene Abteilung „Spitzensport Polizei Bayern“ zeichnet sich dadurch auch, dass jungen Nationalkaderathleten aller olympischen Sportarten die einmalige Möglichkeit geboten wird, während professioneller Sportausübung die Ausbildung zum Polizeimeister im mittleren Dienst zu beenden und das ganze unter vollen Polizeibezügen. Diese Entlastung ist der elementare Baustein für sportlichen Erfolg, denn Existenzängste und Zeitmangel sind Gift für sportlichen Erfolg. Ich kann mich als Sportler darauf verlassen, dass meine Kollegen alles für mich möglich machen, damit ich meinen Fokus voll auf die Zielwettkämpfe legen kann.
Wie bereitest du dich auf einen Wettkampf vor und wie gehst du mit dem Druck um liefern zu müssen?
Die Wettkampfvorbereitung beginnt ja bereits Wochen und Monate, oder sogar Jahre vor dem Zielwettkampf, wie bspw. Den Olympischen Spielen.
Die unmittelbare Vorbereitung am Wettkampfort sollte nach Möglichkeit aber einem konkreten Plan folgen, der aber auch Spielraum lässt für Umstände die nicht berechenbar sind. So ein Plan umfasst Ernährung, mentale und körperliche Vorbereitungen, Spannungsaufbau, aber auch entsprechende Gelassenheit gepaart mit Courage. Über die konkrete Vorbereitung könnten wir ein separates Interview füllen.
Der Druck liefern zu müssen verteilt sich in der Bundesliga schönerweise auf 5 Köpfe statt nur auf den eigenen. Das macht es zwar nicht viel leichter, aber ein gutes Mannschaftsgefühl kann das Selbstverständnis und die Sicherheit natürlich äußerst positiv beeinflussen. Alle Sportler wissen sehr gut, welche Gedanken einem während eines Wettkampfes so in den Kopf steigen können. Die wesentliche Frage ist dann: welcher Gedanke ist hilfreich, welcher ist es nicht und viel wichtiger: was kann ich beeinflussen und was nicht? Gedanken kommen und gehen, das kann man nicht verhindern. ABER: Für meine Leistung bin ich verantwortlich, für die Platzierung der/die Gegner/in. Ich arbeite also nur an Aufgaben, die innerhalb meines Einflussbereichs liegen, meine eigenen Handlungen kann ich kontrollieren, alles andere nicht.
Als Leistungssportler hat man nicht immer viel Zeit, wie verbringst du deine Freizeit, wenn du nicht schießt oder arbeitest?
Sehr gerne auf dem Rennrad in der Sonne, nach langen Wettkampfreisen auch gerne allein, um runterzukommen und sich zu erden. Ansonsten hilft ein guter Espresso im gemütlichen Sessel schon ein Stück weiter und zusammen mit David Koenders, einem Freund und Teamkollegen, sind wir seit kurzem selbst als Trainer tätig und versuchen ein wenig der Faszination weiterzugeben.
Mittlerweile bietest du auch über „MY10 – master your ten“ Trainingseinheiten an, was hast bisher selbst aus dem Training mitgenommen?
Das hätte ich anfangs nicht gedacht, aber ich kann es jetzt jedem Sportler ans Herz legen, mit Sportlern zu arbeiten die noch am Anfang stehen und an den Basics arbeiten. Ich lerne zwar selten etwas neues, aber ich überdenke viel mehr meine eigene Weise zu schießen und durchdenke die Basics neu. Das hilft tatsächlich sehr, wenn man sich mit dem eigenen Training etwas festgefahren hat. Erst kürzlich bin ich so wieder. Der Spruch: Profis können nicht alles extrem gut, aber die Basics nahezu perfekt.“ bewahrheitet sich also.
Jetzt hat vielleicht jemand Interesse an dem Sport bekommen, was würdest du jemandem raten, der mit dem Schießsport anfangen möchte?
Legt Anfangs immer Wert auf die körperlichen Fertigkeiten. Sämtliche Materialfragen, bessere Kleidung, besseres Sportgerät, bessere Anbauteile, bessere Munition sollten erst dann interessant werden, wenn die Fertigkeiten so weit ausgebildet sind, dass darauf aufgebaut werden kann. Wer nie ein tiefes Gefühl für den Körper, das Muskelgefühl und die Auge-Hand-Koordination entwickelt hat, kommt mit Top Equipment zwar schnell weiter, wird aber niemals einen Konkurrenten schlagen, der all das Feingefühl zuvor stark ausgeprägt hat.
Tipp an alle Jugendtrainer und Eltern also: Steckt eure Schützlinge nicht gleich in gute Schießkleidung und kauft das Topmodell der Sportgewehre. Basics sind entscheidend!
Noch ein Wort zum SG Coburg, warum hast du dich genau für diesen Verein entschieden?
Ich kannte die SG aus der Vergangenheit, beziehungsweise aus Erzählungen meiner ehemaligen Trainingskollegen und wurde dann stärker durch Andreas Geuther aufmerksam auf den Verein. Coburg steht für seine Sportler ein, ist professionell und hat klare Ziele und das ist genau das was sich Sportler wünschen, oder? Das Team war für mich immer schon ein fester Bestandteil der Bundesliga und in meine Sicht ein heißer Kandidat für die kommenden Finals und ich freu mich wirklich sehr, bzw. hoffe ich sehr, dass ich auch etwas frischen Wind mit in das Team bringen konnte.
Danke für das sehr aufschlussreiche Interview und den Einblick in die Welt des Schießsports. Wir wünschen euch noch viel Erfolg für diese Saison!