Repaircafe

Ein Herr um die 60, der namentlich nicht genannt werden will, steht mit einem Plattenspieler am Empfang des Repaircafés im Makerspace des Creapolis in der Alten Kühlhalle in Coburg. Sein Anliegen ist eigentlich kein Grund zur Scham, denn er möchte gern, dass sein 41 Jahre altes Gerät nach einem Defekt wieder zum Leben erweckt wird. Da ist der bei den Reparateuren dieser Einrichtung genau an der richtigen Stelle. Frank Eisenwiener, im Beruf Computerspezialist bei einer großen Coburger Versicherung und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Repaircafés, nimmt sich seines Anliegens an. Mit ihm zusammen sind zehn Ehrenamtliche heute tätig und 16 Reparaturwünsche sind angemeldet.

Ursprünge und Locations

Das Coburger Repaircafé gibt es seit neun Jahren. Los ging es im AWO-Mehr-generationenhaus. Das Ganze wurde dort von Anfang an sehr gut angenommen. Geplant war ursprünglich, es zweimal im Jahr stattfinden zu lassen. Aber beim ersten Mal kamen schon so viele Anfragen, dass man sich entschloss, es monatlich zu veranstalten.  Im Lauf der Jahre hat sich auch die FH Coburg am alten Schlachthof mit der offenen Werkstatt Creapolis beteiligt. Da bot es sich an, mit einzusteigen, weil das Repaircafé von den Möglichkeiten hier sehr profitieren konnte. Es gibt hier eine komplette Metall-, Elektro- und Holzwerk-statt. Bei den anderen Locations, es kam dann noch die Guste in Untersiemau dazu, müssen die Reparateure eigenes Werkzeug mitbringen. 

Ziel des Repaircafés

Vor rund 15 Jahren hat man ausgehend von Holland, damit angefangen, offen zu kritisieren, dass es eine ausgeprägte Wegwerfmentalität bei den Leuten gibt, und dass man viele Geräte nur einen sehr begrenzten Zeitraum benutzen kann. Es wurde deswegen angeregt, diese mit relativ einfachen Methoden wieder funktionstüchtig zu machen und den Leuten, die diese in Repair-Cafés vorbeibrachten, technisches Wissen zu vermitteln und zusammen mit ihnen die Geräte wieder zum Laufen zu bringen. Das Repaircafé ist inzwischen eine weltweite Geschichte und erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Allerdings war es am Anfang vorwiegend die ältere Generation, die an ihren alten Geräten, wie zum Beispiel Küchengeräten, hingen. Diese Geräte lassen sich relativ einfach reparieren und damit ihre Lebenszeit verlängern. 

Organisation des Repaircafés

Das Ganze geschieht ehrenamtlich, es gibt einen „harten Kern“ von zehn bis zwölf Leuten, die das ganze Spektrum abdecken, ob das jetzt Elektroreparaturen, Textilreparaturen oder ob das Holzreparaturen sind. Die Leistung der Reparateure ist kostenlos, es gibt aber die Möglichkeit, eine Spende zu geben. Von den Spenden werden Arbeitsmaterial oder Spezialwerkzeug und -Ersatzteile gekauft.

Besonderheit Creapolis

Im Creapolis gibt es technische Möglichkeiten, die an den anderen Lokalitäten nicht zur Verfügung stehen. wie zum Beispiel 3D-Drucker, Lasercutter und CNC-Maschinen, mit denen sogar Ersatzteile nachgebaut werden können, um die für Reparaturen einsetzen zu können.

Thema Obsoleszenz

Unter dem Begriff „Obsoleszenz“ versteht man die in seiner Herstellungsweise, seinen Materialien oder Ähnlichem angelegte Alterung eines Produkts, das dadurch veraltet oder unbrauchbar wird. Dazu erklärt Frank Eisenwiener: „Wir stellen im Repaircafé fest, dass Geräteteile so konstruiert sind, dass sie kaputtgehen müssen. So befinden sich Teile beispielsweise in der Nähe von Wärmequellen, wofür sie nicht ausgelegt sind. Auch die Qualität der Bauteile lässt zu wünschen übrig, sie funktionieren oft nur für die Zeit der Gewährleistung und fallen dann aus. Wir schauen, dass wir dann höherwertiges Reparaturmaterial einsetzen, so dass nicht wieder nach einem halben Jahr der Reparaturfall erneut eintritt. Eisenwiener begrüßt in diesem Zusammenhang die Verlautbarungen, die es von Seiten der EU unlängst zu diesem Thema gegeben hat: „Das Recht auf Reparatur, das propagiert wird, dass Ersatzteile von der Industrie länger vorgehalten werden und dass Geräte leichter zu öffnen sein müssen, halte ich für sehr positiv. Auch dass es Bestrebungen geben soll, Reparaturanleitungen zur Verfügung zu stellen, finde ich gut!“

Erfolgreiche Reparatur

Inzwischen ist es ihm gelungen, den Fehler beim Plattenspieler zu finden. Ein Lager war verharzt und konnte nach einer gründlichen Säuberung und neuer Schmierung wieder seine Funktion ausüben. Dankbar nahm sein Besitzer das Gerät wieder in Empfang.
Was den Kauf von Neugeräten betrifft, gibt Eisenwiener einen guten Rat: „Vielleicht nicht immer das Billigste nehmen! Es ist natürlich verlockend, einen Fernseher für 150 Euro zu kaufen, aber dann ist es umso schwerer, eine Reparatur daran vorzunehmen. Je teurer ein Gerät ist, desto langlebiger ist es in der Regel und desto leichter lässt es sich reparieren.“

Hilfe zur Selbsthilfe

Wichtig ist es dem Reparateur, den besonderen Ansatz des Repaircafés zu vermitteln: „Wir wollen Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Wir stehen mit Rat und Tat zur Seite, aber man muss durchaus einmal damit rechnen, einen Schraubendreher in die Hand zu bekommen, damit man selbst Hand anlegen kann. Das Ganze ist allerdings mit den richtigen Hinweisen, auch was die Sicherheit betrifft, verknüpft.“

Textilien wertschätzen

Edeltraut Freigang ist zusammen mit Bettina Lichtlein für die Textilreparaturen im Makerspace zuständig.  Auch sie hat eine ganz eigene Ansicht zu dem Verbrauchsverhalten in unserer Gesellschaft: „Wir leben in so einer Überkonsumgesellschaft. Wir schmeißen grundsätzlich viel zu viel weg. Ich muss einen Anorak nicht aussondern, weil der Reißverschluss kaputt ist. Ich muss kein T-Shirt wegwerfen, weil es ein Loch hat. Ich kann vielleicht lernen, aus zwei T-Shirts ein Neues zu machen, indem ich Nähen lerne. Solche Kurse bieten wir hier auch an. Ich muss lernen, dass ein Stoff ein Wertstoff ist, den jemand einmal gekauft und den jemand mal hergestellt hat. Niemand würde einen Geldschein wegschmeißen oder in die Toilette spülen, aber mit Textilien tun wir das.“