Wenn Besuch nach Coburg kommt, dann zeigen ihm die Einheimischen oftmals die Veste oder die Ehrenburg. Vielleicht gibt es auch noch einen Ausflug in die Rosenau. Dabei gibt es noch viel mehr interessante Orte. Eine Möglichkeit, ganz neue und eher skurille Sehenswürdigkeiten zu entdecken, bietet jetzt das Buch „111 Orte in und um Coburg, die man gesehen haben muss“. Verfasst hat es der Versicherungskaufmann, Hobby-Ahnenforscher und Geocacher Oliver Ultsch aus Niederfüllbach unter tatkräftiger Mithilfe seiner Frau Pia, die für die Fotografien zuständig war. In ihrem gemeinsamen Entdeckerbuch verraten die beiden zum Beispiel, wo man in der Coburger Altstadt des Öfteren einen „Dreier“ zwischen Grabsteinen beobachten kann.
Coburg wurde einst von Bismarck als „Gestüt Europas“ bezeichnet. Zahlreiche Königshäuser haben verwandtschaftliche Bande in das kleine Herzogtum. Aber auch die neuere Geschichte prägt den Landstrich zwischen Werraquelle und Obermain. Wo einst Stacheldraht wuchs, sprießt nun das Grüne Band. Wissen Sie, wo der Fehler auf der Grattstatter Kirchenglocke liegt? Oder welche Figuren einst als Zielscheibe für Schießübungen herhalten mussten? Wo man hier in der Region eine waschechte Oscar-Statue bestaunen kann? Warum eine Schafgattung nach der Residenzstadt benannt ist? Und haben Sie sich auch schon mal gefragt, weshalb in der Nähe der Judenbrücke eine alte Brücke mitten auf der Wiese steht?
Oliver und Pia Ultsch haben Anekdoten gesammelt und sind diesen Merkwürdigkeiten auf den Grund gegangen. Bei der einen Geschichte ist Kopfschütteln, bei der anderen eher Schmunzeln angesagt. Hier gibt es viel zu entdecken und noch mehr zu bestaunen. Herausgekommen ist ein wunderbarer und ebenso außergewöhnlicher Reiseführer über Coburg und seine Umgebung, der unsere Heimat noch interessanter, spektakulärer und liebenswerter macht. Ein Buch durchaus auch für Coburger.
Es reiht sich damit in eine Reihe ähnlicher Reiseführer ein, die es bereits für etliche Städte und Regionen in Deutschland sowie dem Ausland gibt, wie beispielsweise für Hamburg, das Allgäu oder Rio de Janeiro. Der Aufbau ist stets der Selbe: Zwei Seiten pro Ort, eine Seite Text, kurz und knackig, und eine ganzseitige Fotografie mit Angabe der Adresse, Anfahrt und gegebenenfalls den Öffnungszeiten. Ziel dieser Regionalbücher ist es, Touristen und eben auch die Bewohner gerade an Orte zu locken, die man sonst nicht unbedingt besuchen würde, weil sie eher unbekannt sind oder nicht ins Auge fallen. Das erfüllt dieses Buch größtenteils – so dass wirklich so mancher „Geheimtipp“ dabei ist.
Selbst Einheimische werden mithilfe von Oliver Ultschs Buch noch den einen oder anderen Ort entdecken können, der ihnen bisher fremd war.
Zudem werden sie immer wieder über das profunde Wissen des Autors überrascht sein. Man kann sich natürlich immer streiten, was in einer Stadt einen Besuch wert ist und
wird kaum einen Konsens herstellen können. Die Frage ist allerdings, welches Bild entsteht, wenn man die
111 Orte des Coburg-Bandes gemeinsam mit der Endlos-Reihe zu einem Mosaik zusammenfügt.
Als er im Mai 2014 bei seiner Schwägerin in Würzburg die dortige „111 Orte, ...“- Ausgabe in die Finger bekam und dann darin über zwei Stunden versunken war, sagte er: „Das könnte ich auch über Coburg schreiben.“
Die anderen antworteten: “Na, mach halt!“ - und Oliver Ultsch machte. Ein Jahr lang schrieb er alles zusammen, was ihm einfiel und verfasste die ersten 20 Seiten seines Skriptes, welches er dann im Mai 2015 probeweise an den Kölner Emons-Verlag schickte. „Ich habe meine Chancen, „genommen“ zu werden, auf fünf Prozent beziffert“, räumt er ein. Doch der Verlag war nicht abgeneigt und zeigte Interesse. Einige Orte waren ihm aber nicht ausgefallen genug. Der 37-jährige sollte den Schwerpunkt der Geschichten ändern, das Ausgefallene herausheben, so dass ein Kapitel dann nicht „Schloss Ehrenburg“, sondern „Queen Victorias WC“ hieß. Nach fast einem halben Jahr, in dem er schon zeitweise ans Aufgeben dachte, kam die erlösende Mail mit dem entscheiden Satz: „Wollen Sie loslegen?“ “Man wusste trotzdem nicht sofort, ist das nun eine Zusage
oder nicht“, sagt Oliver Ultsch. Als dann aber der Vertrag im Briefkasten lag, wurde ihm schlagartig klar:“Ich bin jetzt Autor!“
Eine ehemalige Lehrerin hatte sein Talent aber schon wesentlich früher entdeckt. „Sie hatte mal unter einem Aufsatz geschrieben: „Du solltest Schriftsteller werden.“ Des Weiteren hatte er bereits 2013 bei einem Schreibwettbewerb über das Hobby Geocaching einen kleinen Text eingereicht und war prompt unter den Siegern. Der Preis: Eine Veröffentlichung seiner Kurzgeschichte in einem Buch des Comedians Bernhard Hoecker.
Bis Ende Mai dieses Jahres hatte er Zeit, die Texte abzugeben. Also rund ein halbes Jahr fürs Aus- und Besuchen der Orte, fürs Recherchieren, Fotografieren und mehrfache Überarbeiten der Texte. „Bis zum Schluss änderten sich die Orte, der Verlag gab mir hier freie Hand. Ich war noch bis zum Ende auf der Suche nach merkwürdigen, grotesken Stellen.“ Jedoch standen ihm noch die Korrekturen des Lektorats bevor. „Ich wusste ja nicht, was da auf mich zukommt“, sagt Oliver Ultsch. Die Anmerkungen und Verbesserungen hielten sich aber in Grenzen. Das dauerte dann noch einmal rund 10 Tage. Aber schließlich war das Werk dann endlich vollbracht. Fast zwei Jahre hat Ultsch insgesamt investiert, von der ersten Idee bis zum fertigen Buch.
Allerdings musste er das dafür die Grenzen des Coburger Landes ein wenig erweitern, wie er zugibt. Ansonsten wäre es wahrscheinlich ein bisschen knapp geworden, 111 Orte zu finden, die er für das Buch als passend empfand. Nun gehört zu „in und um Coburg“ eben auch die Landkreise Kronach und Lichtenfels, der Süden Thüringens, die Haßberge und sogar der Norden des Bamberger Umlandes.
Im Umkreis von 40 Kilometern Luftlinie gingen Oliver und Pia Ultsch auf die Suche nach Skurrilem und Verborgenem, wobei sie eine Gesamtstrecke von 1900 Kilometern zurückgelegt haben, um alle Orte abzuklappern. „Wir haben immer gleich drei, vier Punkte zu Touren zusammengelegt“.
Besonders wichtig war die Zusammenarbeit mit Experten, „denn gerade, wenn es um Historisches geht, muss alles passen.“ Eine ausgewogene Mischung aus Moderne und Vergangenheit zu finden, war allerdings gar nicht so einfach gewesen, denn Coburg ist überfüllt mit Historischem.
The British Corner ist einer der 111 Orte in und um Coburg, die man unbedingt einmal gesehen haben muss. Der Shop und Tea Room in der Nägleinsgasse 1 ist das 14. Highlight
in dem am 19. Oktober erschienenem Buch der „111er Serie“ des emons:Verlags.
Die Geschäftsfrau Birgit Eibl habe schon als Kind immer von einem eigenem Laden geträumt. Schon in jungen Jahren habe sie die englische Sprache, die Lebensweise und den Humor geliebt, sagt Birgit Eibl. Mehrmals besuchte sie Großbritannien. Das es dann ein Laden mit britischen Produkten sein soll, war die einzig logische Konsequenz. Alles, was Sie bei The British Corner finden, hat sie selbst ausgesucht und mit Liebe zusammengestellt. Gerne begrüßt sie die Ladenbestzerin in ihrem Tea Room und serviert ihnen originalen „Cream Tea“ mit selbst gebackenen Scones, echter Clotted Cream und passender Erdbeer-Marmelade für einen perfekten „5 o´clock tea“. Ihr Laden ist ein Treffpunkt für Freunde des „british lifestyle“ und bringt ein Stückchen England nach Coburg.
Ob Wohndekoration im Landhausstil, Badeaccessoires und Pflegeprodukte, Kekse, Shortbread, Pfefferminzkonfekt, LPs und Bücher, Chutneys und Grillsaucen oder Picknick und Garten – Hier gibt es eben alles für den England-Fan. Kommen Sie doch einmal bei vorbei zum Schauen und Stöbern in der „heimlichen Hauptstadt Europas“.
Ein weiterer der 111 Orte in und um Coburg – und zwar die Floßstegbrücke - lässt sich in der Floßstegstraße in Coburg besichtigen. Eine lange Trockenheit hatte Ende des 13. Jahrhunderts dazu geführt, dass einige Häuser in der Coburger Innenstadt Feuer fingen. Daher wurde ein Seitenarm der Itz, der „Hainfluss“, der sich in vielen Windungen am Festungsberg entlang schlängelte und wieder zurück in die Itz floss, künstlich begradigt und direkt an der damaligen Stadtmauer vorbei geführt. Aber der Hainfluss war nicht nur für den Feuerschutz von Bedeutung. Nun konnten auch die Gerber ihren Beruf direkt vor ihren Häusern ausüben und mussten nicht hinaus aufs Feld weit vor den Toren der Stadt. Auch andere Zünfte wie die der Färber, der Tuchmacher, speziell aber die Handwerker benötigten das Wasser, um ihrer Arbeit nachgehen zu können. Der Hahnfluss wurde im Jahr 1967 komplett verrohrt und verschwand somit aus dem Coburger Stadtbild. Vom Kino und der Hahnmühle aus kann man den ehemaligen Verlauf Hahnflusses immer noch ganz gut nachvollziehen.
Die evangelisch-lutherische Schlosskirche in der Schloßstraße in Niederfüllbach stammt in ihrer heutigen Gestalt aus dem Jahr 1695. Jedoch wurde sie schon 1479 vom Würzburger Bischof Rudolf von Scherenberg erwähnt. Einst hatte der Schlossherr von Reitzenstein, der auch als „Robin Hood“ der Armen bekannt war und die kirchliche Obrigkeit aus Coburg nicht anerkannte, einen Pfarrer über die Schlosskirche nach Belieben walten lassen. Dieser verehelichte entgegen der Vorschriften fast jeden unabhängig von Alter, Stand und Religion. Durch diese liberale Hochzeitspolitik entstand ein richtiger Hochzeits-Tourimus in Niederfüllbach. Sodass die Kirchenbücher aus den Jahren 1695 bis 1729 Hochzeiten aus ganz Deutschland aufweisen. Selbst zahlreiche Musketiere wurden getraut. Deshalb wird die Schlosskirche auch als deutsches „Gretna Green“ bezeichnet. Gretna Green ist das südlichste Dorf Schottlands und liegt somit an der englischen Grenze. Da ab dem Jahr 1753 in England bei Heirat von Minderjährigen die Einwilligung der Eltern notwendig wurde und in Schottland ab einem Alter von 14 Jahren bei Jungen und 12 Jahren bei Mädchen die Trauung immer noch ohne Einwilligung der Eltern möglich war, kam es in dem kleinen schottischen Grenzdorf zu einem Boom. Der berühmteste Bewohner Niederfüllbachs war übrigens Leopold I., erster König Belgiens nach der Abspaltung von den Niederlanden. An ihn erinnert der Leopoldsbrunnen, der sich in einem Waldstück südlich von Niederfüllbach befindet.
Das 109. Highlight in Oliver Ultschs Werk ist der Jungferbrunnen in Weißenbrunn. Künstler sind ja dafür bekannt, gern zu polarisieren oder gar zu provozieren. So auch der Kronacher Bildhauer Johann Dümlein, der eine Vorliebe für Meerjungfrauen hatte. Er kreierte eine Nixe, aus deren Brustwarzen Wasser fließt. Und das im Jahre 1715, als die Menschen noch deutlich verklemmter und zugeknöpfter waren. Jedes Jahr zur Kirchweih in Weißenbrunn wird das Wasser, das aus ihren Brüsten kommt, durch Bier ersetzt – ein lang ersehnter Traum von wohl sehr vielen Männern, das Bier an Ort und Stelle trinken zu können.
Das Buch „111 Orte in und um Coburg, die man gesehen haben muss“ erschien im Emons-Verlag und ist seit Oktober für den Preis von 16,95 Euro erhältlich. Greifen sie bei diesem perfekten Weihnachtsgeschenk zu! Oder erkunden Sie mit diesem Buch einfach selbst die eigene Heimat.
Sie können dann auch herausfinden, wo man das Bernsteinzimmer in Coburg findet, warum es am Lichtenfelser Bahnhof kein Gleis 4 gibt, wo und warum einst ein Hafen in Coburg geplant war, wann Grub am Forst „Heilbad“ war, was es mit den Heilsteinen in Jesserndorf auf sich hat und natürlich was hinter dem Wortspiel „Ein Dreier zwischen Grabsteinen“ steckt sowie vieles mehr.