Es gibt in Coburg sicherlich so einige Personen die man durchaus als "Originale" bezeichnen kann. Diese Menschen gehören irgendwie zum Stadtbild Coburgs. Auf einem Fahrrad singend durch die Innenstadt zu radeln ist dabei eine Sache.
Sich dieses "Prädikat" aber durch harte Arbeit, Kontinuität und eine besonders menschliche Komponente zu verdienen ist eine andere Sache. Tuncer Yilmaz ist, aus unserer Sicht, so ein "Original". Sein Beruf ist Taxiunternehmer.
Seit 2002 leitet er die Geschicke von Taxi Rumler. Jetzt zum Jahreswechsel steht für ihn eine reichlich überlegte und lang ersehnte Umstellung an. Aus Taxi Rumler wird Taxi Yilmaz. Wie in allen Deutschen Städten ist auch in Coburg das Taxigewerbe reglementiert. Sprich, nicht jeder kann willkürlich so einfach einmal nebenbei ein Taxiunternehmen betreiben. An die jeweiligen Lizenzen sind hohe Anforderungen und Bestimmungen geknüpft und werden für mehrere Jahre von der Stadt Coburg vergeben. Tuncer Yilmaz verfügt über 7 Taxi Lizenzen mit sechs Taxen und einem Mietwagen. Jetzt im Dezember stand eigentlich wieder die turnusmäßige Verlängerung für weitere 5 Jahre an, doch dieses Mal verbunden mit einer Namensänderung.
Wir treffen den quirligen Tuncer Yilmaz und fragten nach den Hintergründen. "Es ist eigentlich ganz einfach. Seit 1972 lebe ich hier und es ist auch mein Coburg - meine Stadt. Nach 30 Jahren als Taxi-Fahrer möchte ich meine Fahrgäste gerne auch unter meinem Namen chauffieren. In zwei bis drei Jahren soll dann auch mein Sohn Mehmet das Unternehmen weiterführen und dies authentisch mit der Beurteilung nach der Leistung und nicht nach dem Namen", bringt es Tuncer auf den Punkt. Was im Jahr 2018 eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ruft in Zeiten von Pegida und AfD doch öfter einen Kommentar wie "Ach, wirklich!" hervor. Wie liberal ist eigentlich Coburg?
Tuncer sieht dem gelassen entgegen, "unsere Kunden schätzen den Service und unsere Dienstleistung und wissen um meine türkischen Wurzeln". Seit Anfang der 70er lebt der 54-jährige bereits in Coburg. Einst kamen seine Eltern aus Mittelanatolien nach Oberfranken um hier zu arbeiten. Der Vater bei Siemens in Bad Rodach, die Mutter in der einstigen Konservenfabrik Pfister in Neuses. 3 bis 4 Mal im Jahr fliegt er in die Heimat, trifft dort Verwandte und Freunde. "Heimat ist da wo du geboren bist", fügt Tuncer an und zählt Coburg aber im gleichen Atemzug mit dazu, schließlich besitzt er auch einen deutschen Pass.
30 Jahre Jubiläum als Taxifahrer
"Genau am 1.1.1989 war meine erste Fahrt" erinnert sich Tuncer noch genau. Die Fahrt ging zum Hochhaus in die Scheuerfelder Straße. Wir sind mit ihm unterwegs und wollen mehr wissen. Als gelernter KfZ-Mechaniker arbeitete er zunächst bei Kaeser. Doch nebenbei war die Tätigkeit als Taxi-Aushilfe ein willkommenes Zubrot. Vor allem am Wochenende und an Feiertagen beföderte er seine ersten Kunden im Coburger Nightlife. Schnell erfreute er sich aufgrund seiner Art immer größerer Beliebtheit und es gab Fahrgäste die nur mit ihm fahren wollten. Er merkte, das Taxifahren eigentlich genau sein Ding ist. Von 1994 bis 2002 war er folgerichtig fest als Taxifahrer angestellt. Von seinem Fahrerkollegen Ecan Ciritoglu erfuhr er damals, dass Taxi Rumler sein Geschäft verkaufen möchte. Schließlich wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit und erwarb die Lizenzen und die Fahrzeugflotte. Heute arbeiten rund 25 Mitarbeiter für Tuncer, 5 davon in Festanstellung.
Mittlerweile fährt der Coburger zumeist nur die Tagschichten im Unternehmen. Gerne erinnert er sich aber noch an die heftigen Anfangszeiten. Bereits 2004 hat es Tuncer auch schon auf das Titelbild der Mohr stadtillu gebracht, damals als "Gangsterversion" von Rap- und Comedy-Ikone Ali G. Auf dem Foto sollte Tuncer möglichst als Gangster-Rapper böse wirken. Kurzerhand wurden für das Fotoshooting mit Tanja Wippenbeck einige wichtige Utensilien besorgt, wie ein Königsumhang vom Coburger Landestheater, ein Plastik-Revolver aus der Toy Factory und jede Menge Gold Klunker die freundlicherweise von Monika Ohnhäuser ausgeliehen werden konnten. Das damalige Fotoshooting verlief sogesehen eigentlich fatal, denn von gefühlten hundert Bildern war nur wirklich eines zu gebrauchen wo Tuncer nicht lachte. Einfach legendär. Weil sich Tuncer schon damals nicht zu schade für solche Aktionen war, hat sich seine Persönlichkeit und der Bekanntheitsgrad auch weiter aufgebaut.
Kurzzeitig Deutschlands berühmtester Taxifahrer
Fünf Jahre später schaffte es Tuncer aber dann auch bundesweit in sämtliche Gazetten der Republik und schlug im Ausland vor allem in der Türkei hohe Wellen. Was war passiert? Der Fahrauftrag lautete Rennfahrer-Legende Michael Schuhmacher vom Coburger Flugplatz nach Gehülz bei Kronach zu fahren. Eigentlich nichts ungewöhnliches. Doch die Chemie zwischen dem mehrmaligen Formel Eins-Champion und Tuncer war sofort so gut, dass Michael Schuhmacher das Taxi selbst fahren wollte. Tuncer stimmte zu und schaffte es aufgrund seiner Art und Weise als Mensch und Taxifahrer in alle erdenklichen Medien. Bild, Focus, Spiegel, Süddeutsche, und viele mehr, sowie sämtliche regionalen Tageszeitungen und natürlich auch der Mohr berichteten über den Husarenritt. Tuncer war sogar Gast bei Spiegel TV. Das war einmal eine typische Story die auch in Coburg wie eine Bombe einschlug. "Diese Geschichte hat es sogar nach Brasilien geschafft. Gino, der im Stadtcafe arbeitete hat aus der Heimat eine Zeitung mitgebracht mit einem Bild von mir. Sein Kommentar: Ist man vor diesem Mann nicht mal am anderen Ende der Welt sicher", erinnert sich Tuncer noch gerne an diese verrückte Zeit. Hier noch ein Original -Zitat aus einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung angesprochen auf die ganze Situation: "Ja, es ist unglaublich. Die ganze Woche über erhalte ich nun schon Anrufe aus der ganzen Welt. Fernsehsender aus England, Russland, Spanien, Österreich, Schweden und der Schweiz wollen ein Interview mit mir. Gerade waren drei türkische Kamerateams hier. Jeder in Coburg quatscht mich an. Ich trau mich nicht mehr auf die Straße. Ganz ehrlich".
Der Spaß mit Menschen zu kommunizieren und seine Fahrgäste von A nach B zu bringen findet Tuncer einfach toll. In den nächsten Tagen stehen allerdings noch einige Aufgaben an. Schließlich müssen alle Fahrzeuge mit dem neuen Logo beschriftet werden und auch die Geschäftspapiere geändert werden. Es herrscht also Hochkonjunktur in der Seidmannsdorfer Straße wo sich die Zentrale von Taxi Yilmaz mit eigener Werkstatt, Waschhalle, Büro und Sozialräumen befindet. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg und einen guten Start ins neue Jahr.